Nachsynchronisation hat in Deutschland eine lange Tradition zur
Erstellung von Synchronfassungen fremdsprachiger Filme. Als Kind habe
ich die Tonqualitaet dieser Filme bevorzugt (gegenueber Eigenproduktionen die Originalton benutzen, wie z.B. beim Tatort). Sie sind deutlicher zu
verstehen, da die Synchronsprecher meist direkt ins nahe Mikrofon
sprechen. Da erscheint der Ton als waere er auf einer Ebene vor der
Leinwand oder dem Bildschirm.
Heute stoert es mich sehr wenn ein Film nachsynchronisiert ist. Auf mich wirkt das oft unfreiwillig komisch. Dabei finden sich 2 unterschiedliche Situationen: Synchronfassungen
fremdsprachiger Filme und deutsche Eigenproduktionen mit
nachsynchronisiertem Ton. Ich merke in der Regel gleich, dass der Dialog den ich hoere nicht aus dem Mund des Schauspielers kommt. Das irritiert und lenkt mich vollkommen vom Film ab und fuehrt in den meisten Faellen dazu, dass ich abschalte.
Vielen Menschen faellt der Unterschied zwischen Synchron und O-Ton nicht auf. Man hat sich daran gewoehnt - vielleicht gefaellt es einigen sogar besser wenn Filme nachsynchronisiert sind. Hauptsache man versteht alles gut. Erst wenn man eine Weile davon Abstand hat und fuer laengere Zeit Filme mit Originalton konsumiert, fallen Synchronfilme unangenehm auf. Wo liegt also das Problem wenn ein grosser Teil des deutschen Publikums es so mag wie es ist?
Filme sind ein wichtiger Teil der deutschen Kultur und ein wichtiger Teil unserer kulturellen Identitaet. Synchronisation behindert die volle Entfaltung des kuenstlerischen Potentials, dass das Medium Film hat. Im Vergleich mit anderen Laendern liegen wir da weit zurueck. Ich sehe uns da nicht im direkten Wettbewerb, oder besser gesagt ist mir das nicht wichtig. Es stoert mich einfach, dass die wundervolle Arbeit die Schauspieler leisten koennen, in Synchronfilmen nicht voll zur Geltung kommt.
Ich befuerchte deutschen Zuschauern ist machmal nicht bewusst was sie an
emotionaler Wucht und Tiefe verpassen wenn sie sich synchronisierte
Filme ansehen. Ich denke auch, dass sich viele Zuschauer so an den Klang und das Tongefuehl der Synchronfassungen grosser amerikanischer Filme gewoehnt
haben und vielleicht in einer Art pawlowschem Reflex die
Unterhaltungsqualitaet dieser Filme mit der Tonqualitaet verbinden, so
dass viele Produzenten von Eigenproduktionen versuchen diese Kombination
nachzustellen indem sie nachsynchronisieren. In anderen Worten: Die
Filmemacher oder Produzenten imitieren den Klang eines synchronisierten
fremdsprachigen Films, obwohl sie selbst einen deutschen Film
herstellen - mit dem Ziel, dass der eigene deutsche Film dann so klingt wie der grosse "professionelle" Cousin. Das nervt mich sehr, besonders wenn mir der Film ansonsten
gut gefallen koennte. Was fuer eine Vergeudung. In Laendern die fuer
ihre Filmkultur hohes Ansehen geniessen wie z.B. Daenemark, Amerika und
Frankreich ist das nicht so. Allein die Vorstellung erscheint meinen
amerikanischen Kollegen, denen ich von der Situation in Deutschland
berichte, als sehr merkwuerdig und abwegig.
Bei den Eigenproduktionen gibt es auch willkommene Ausnahmen in denen mit Originalton gearbeitet wird, meist bei Fernsehfilmen und Serien der ARD, und seltener auch mal beim ZDF, z.B. beim fantastischen KDD-Kriminaldauerdienst. Der Ton wird bei diesen Produktionen vor Ort beim Dreh aufgenommen und dadurch wirkt die Tonqualitaet, die Tonebene und die schauspielerische Darstellung authentisch, glaubwuerdig und ueberzeugend. Das sind alles Dinge die mir hier in Amerika in Film und Fernsehen wie selbstverstaendlich geboten werden.
Ich glaube die Saettigung des deutschen Film und Fernsehangebots mit synchronisiertem Material senkt das schauspielerische Niveau in Deutschland im Ganzen. Wenn wir nur die deutschen Synchronfassungen ansehen wissen wir gar nicht wie gut die schauspielerische Leistung in den besten internationalen Filmen sind, weil die zur Haelfte wegsynchronisiert wird. Nur Bild und vielleicht Geraeusche bleiben. Wir wachsen mit dieser Synchronqualitaet auf und gewoehnen uns daran. Meiner Ansicht nach erschwert dieser Umstand es deutschen Film und Fernseh-Schauspielern und Regisseuren ein hohes Niveau zu erreichen, weil sie da hinein geboren werden und damit aufwachsen. In anderen Laendern werden Schauspieler ganz anders gefordert. Da wird eine ganzheitliche Darstellung erwartet, in Bild und Ton gleichzeitig. Das erhoeht das Niveau.
Viele deutschsprachig produzierten Kinofilme werden nachsynchronisiert. Ironischerweise sind es oft Fernsehproduktionen( Tatort, KDD, Kinderserien) die in der Hinsicht bessere Bedingungen bieten, und damit naeher an internationale professionelle Arbeit herankommen.
Als ambitionierter Schauspieler wuerde es mich gewaltig stoeren an einem deutschen Film zu arbeiten der nachsynchronisiert wird, weil die
Darstellung dadurch verwaessert wird. Das Resultat ist meiner Ansicht nach immer enttaeuschend.
Da wird viel verschenkt. Das ist
ein wichtiger Teil unserer Kultur. In diesem Bereich pflegen wir sie leider nicht gut.
Dass ein kleines Land wie Daenemark so hervorragende Film und Fernseharbeit hervorbringt, ist bewundernswert. Da wird nicht synchronisiert. Wir sollten uns daran ein Beispiel nehmen.
In meiner Situation ist es natuerlich in vielen Faellen einfach synchronisierte Sachen zu vermeiden. Amerikanische Filme schaue ich immer im Original und da wird nicht synchronisiert. Auslaendische Filme erscheinen hier in Amerika auch immer im Original, mit englischen Untertiteln. Daenische Serien sind bei mir im Moment der Hit. Forbrydelsen z.B. - sagenhaft. Das war auch international ein Riesenhit, z.B. in England. In Deutschland wurde es synchronisiert: Kommissarin Lund – Das Verbrechen. Besonders erfolgreich lief das glaube ich nicht, wahrscheinlich ist die emotionale Tiefe beim Synchronisieren verloren gegangen.
Hier ein paar links:
Synchronisation auf Wikipedia
Brechend schlecht? Synchronisation in Deutschland von Sebastian Luther
tittelbach.tv
anmerkungen-des-uebersetzers Und wie klingt Bill Murray auf Deutsch?
Original mit Untertitel von Thomas Boley, re. Peter Claessens
http://tatort-fans.de/
Interessantes Thema. Mich stoert es auch sehr wenn ich in einem Deutschen Film merke dass der Film nachvertont wurde (ADR/Looping). Es gibt allerdings wie Du schreibst auch Ausnahmen, Deutsche Produktionen, die vorwiegend mit O-Ton mit arbeiten. Allerdings scheint das im Internet kein Thema zu sein, ganz so als ob der Unterschied niemandem auffaellt.
ReplyDelete